Wie Wohnungs- und Energiewirtschaft auch mit kleinen Prozessschritten die Digitalisierung vorantreiben und sich auf die Energiewende vorbereiten.
Frau Prüwer, mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende hat der Gesetzgeber einen Rahmen für das künftige Zusammenspiel von Smart Metering, Smart Meter-Gateways sowie digitaler Infrastruktur geschaffen. Können Sie kurz skizzieren, welche Rolle Smart Metering hier spielt?
Keine Frage, intelligente Stromzähler sind wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur Energiewende. Smart Meter ermöglichen die Fernablese, die den Ableseaufwand für Energieversorger deutlich reduziert. Intelligente Messsysteme, also Smart Meter in Verbindung mit einem Smart Meter-Gateway, ermöglichen die verbesserte, effizientere Energiesteuerung. Sie sind sozusagen die elektronische Patientenakte von Gebäuden, die Verbräuche und Abweichungen genau registriert. So können beispielsweise frühzeitig Leckagen am gestiegenen Wasserverbrauch erkannt und ggf. behoben werden. In Verbindung mit Sensorik bilden intelligente Messsysteme die Basis für die Schaffung smarter, energieeffizienter Gebäude oder Quartiere.
Nun wurde der Rollout für Smart Metering gestoppt. Ist damit die Energiewende ausgebremst?
So extrem würde ich es nicht ausdrücken, aber das Urteil zeigt, dass viele notwendige Schritte auf dem Weg zur Energiewende – auch seitens der Politik – nicht zu Ende gedacht sind. Der Widerstand gegen die Umsetzungspflicht hatte diverse Hintergründe. Für Stromkunden etwa gab es Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Wirtschaftlichkeit. Die Geräte sind sehr teuer und drohen aufgrund noch fehlender Infrastruktur mit ungenutztem Potenzial im Keller zu hängen. Auch der Fortschritt in Sachen Prozessoptimierung hätte sich zunächst in Grenzen gehalten: Da es bislang nur intelligente Stromzähler aber kaum intelligente Wärme- und Wasserzähler gibt, muss auch nach dem Einbau von Smart Meter-Gateways noch immer ein Hausmeister in den Keller, um bspw. den Wasserverbrauch zu erfassen. Und selbst ohne die nun ausgesetzte Umstellung wären nur wenige Zähler betroffen, da nur ein geringer Teil der Haushalte überhaupt die Grenze von 6.000 kWh erreicht. Die mehr als 30 Mio. verbleibenden Haushalte, die weniger verbrauchen, waren von der Verfügung gar nicht betroffen.
Was können Unternehmen tun, um trotzdem das Potenzial der Digitalisierung für ihre Zählerauslesung zu nutzen?
Da sich die Ankunft der Smart Meter-Technologie nun noch weiter verzögern wird, sollten Versorger die Zeit nutzen, um die korrespondierende Infrastruktur entsprechend auszubauen, also z.B. die Ausweitung von intelligenten Messsystemen auf weitere Verbrauchsarten wie Gas, Wasser und Wärme. Bis es so weit ist, kann die Digitalisierung kleiner Prozessschritte enorme Einsparungen bewirken. Der Blick auf die Kunden zeigt uns immer wieder, dass das Bedürfnis nach effizienteren Prozessen in der Wohnungs- und Energiewirtschaft besonders groß ist. Die Aareal Bank Gruppe hat 2020 zusammen mit pixolus eine Lösung auf den Markt gebracht, die speziell auf die Anforderungen von Wohnungsunternehmen, Immobilienverwaltern und Ablesedienstleistern abgestimmt ist. Aareal Meter, bestehend aus einer App zur mobilen Zählerablösung und einem Portal zum Verwalten der Daten, macht die Erfassung der Verbrauchsdaten nicht nur bequemer, sondern reduziert die Anzahl der Fehler und den Aufwand ganz erheblich.
Was hat die Digitalisierung dieser kleinen Prozesskette bewirkt?
Unsere Kunden sind begeistert von der Schnelligkeit und Transparenz, mit der die Daten erfasst und weitergleitet werden. So waren etwa bei der Düsseldorfer Wohnungsgenossenschaft sieben Mitarbeitende drei Monate lang damit beschäftigt, die 2.500 digitalen Stromzähler abzulesen, jetzt macht das ein Mitarbeitender in einem Monat.
Wie ist Aareal Meter im Kontext intelligenter Messsysteme zu bewerten? Ist die Lösung als reine Brückentechnologie zu betrachten?
Die jetzige Lösung wäre eine reine Brückenlösung. Derzeit arbeiten wir aber daran, die Aareal-Meter-Lösung mit einer Schnittstelle für die automatisierte Ein- und Ausgabe der Objekt- und Zählerdaten zu erweitern. So entfällt ein weiterer händischer Prozess. Weiter wäre es auch denkbar, die Daten verschiedener Zähler auf einem Portal zu vereinen, so dass alle Zählerstände auf einen Blick erkennbar sind. Von Daten der Energieversorgung bis hin zu ESG-Gebäudedaten, etwa zum Zustand der Dämmung oder Heizungsanlagen. Hier lohnt es sich, vom Kunden her zu denken und integrierende Lösungen zu entwickeln. Wichtig ist, dass nicht jeder Anbieter sein eigenes Süppchen kocht und eigene Messsysteme implementiert, die dem Unternehmen nutzen, aber nicht mit anderen Lösungen kompatibel sind.
„Die Energiewende ist auch Teil einer sozialen Verantwortung und sollte von Versorgern, Wohnungsunternehmen und anderen involvierten Akteuren so wahrgenommen werden.“
Dieser Verantwortung werden wir nur gerecht, wenn wir die notwendigen Prozessschritte konsequent aus Nutzerperspektive betrachten und Lösungen konzipieren, die für alle Beteiligten sinnvoll sind. Das bedeutet auch, über die jeweils eigene Zuständigkeit hinauszuschauen und die Entwicklung gemeinsam voranzutreiben. Dafür braucht es einerseits mehr Freiheiten in der Regulatorik, andererseits klarere Konzepte seitens der Politik. Dann kann die Energiewende auch intelligent und zum Wohle aller gelingen.
Frau Prüwer, vielen Dank für das Gespräch!
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