SMART CITY

„Wir brauchen mehr Mut, mehr Ressourcen und mehr Vordenker!“

Im Interview spricht Arne Rajchowski über den langen Weg zur Smart City und was aus seiner Sicht nötig ist, um kluge Konzepte für die Stadt der Zukunft zu etablieren.

Arne Rajchowski
Leiter der Geschäftsstelle vom DigiWoh – dem Kompetenzzentrum DigitalisierungWohnungswirtschaft sowie Referent beim GdW Bundesverband Wohnungswirtschaft.

Herr Rajchowski, wie smart werden unsere Cities in einigen Jahren sein?

Rajchowski: Die Antwort auf diese Frage würde ich gern zweiteilen: Auf der einen Seite werden unsere Städte in ein paar Jahren viel mehr digitale Angebote haben. Der Weg dorthin zeigt sich schon heute: Viele Städte stellen aktuell zum Beispiel Digital- oder Innovationsmanager ein. Es wird sicher verstärkt digitale Bürgerservices geben und dazu vereinzelte Leuchtturmprojekte: eine gute, digitale Verkehrsauswertung mit Fokus auf die Luftreinheit hier oder ein intelligentes Energiemanagement inklusive Gebäudemonitoring dort.

Auf der anderen Seite aber wird es in einigen Jahren voraussichtlich erst wenige, wirklich smarte Lösungen geben, was sehr schade ist. Ich meine damit Lösungen, die sich an wirklichen Bedarfen orientieren – etwa dann, wenn es um eine klügere Nutzung von städtischen Ressourcen geht. Wie etwa lassen sich städtische Gebäude und Räume besser nutzen, die abends und am Wochenende in der Regel leer stehen? Für solche Fragen brauchen wir clevere Konzepte, die gar nicht zwingend etwas mit Digitalisierung zu tun haben müssen.

Warum gibt es solche Konzepte noch nicht?

Rajchowski: Das liegt daran, dass uns ein klares Framework für eine Smart City fehlt. Ein solches Framework sollte zwei Elemente mitbringen: Zum einen setzt es auf eine klare, einheitliche Begriffsklärung der Smart City auf. Ich zum Beispiel arbeite mit folgender Definition: „Eine Smart City ist die Ausprägung einer digitalen Transformation für die Stadt.“ Nur, wenn wir unter einem Begriff dasselbe verstehen, können wir gemeinsam darauf hinarbeiten.

Zum anderen muss das Framework konkrete Ziele aufzeigen, auf die wir zuarbeiten können. Dafür gilt es zunächst Transparenz in eine Stadt zu bringen, also festzuhalten, welche Assets – von der Parkbank bis zum Bushäuschen – und welche Prozesse es in einer Stadt eigentlich gibt. Daraus lässt sich ableiten, welche Aufgaben eine Stadt tatsächlich übernehmen soll. Und diese gilt es dann zu verschränken mit den Zielen und Aufgaben ihrer „Kunden“, also den Bürgern und den Unternehmen. Viel mehr als bis dato müssen wir uns fragen: Was wollen und brauchen die Menschen denn eigentlich? Was sind ihre Alltagsprobleme und wie können wir sie lösen? Die Frage, welches Problem eigentlich zu lösen ist, ist in unserer Sitzungs- und Managementkultur noch nicht stark genug verankert – sie weiter zu etablieren, ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Schritt, um Klarheit über die Zielsetzung einer Smart City zu erlangen.

Wen sehen Sie in der Verantwortung, wenn es um die Entwicklung eines solchen Frameworks geht?

Rajchowski: In Deutschland tendieren wir ja oft dazu, erst mal einen großen Zentralausschuss einzurichten. In diesem Fall halte ich das aber für den falschen Weg. Meiner Ansicht nach sollten sich die Kommunen bewusst werden, dass sie hier am Zug sind. Sie sollten sich dem Thema Smart City verstärkt widmen, sich beraten lassen und ein Team aufbauen. Und auf dieser Basis ein gemeinsames Verständnis und einen Plan entwickeln.

Wir müssen die Etablierung der Smart City sowohl strategisch als auch operativ stärker vorantreiben. Dafür brauchen wir weniger Arbeitskreise, Zirkel, Diskussionsrunden und Papiere. Stattdessen brauchen wir in den Kommunen mehr Mut, mehr Ressourcen und mehr Vordenker, die eine klare Vision der Stadt von morgen vor Augen haben – und diese in kontinuierlichen Schritten entwickeln und umsetzen.

Wenn wir zehn Jahre in die Zukunft blicken: Was, denken Sie, werden im Vergleich zu heute die prägendsten Veränderungen im städtischen Alltag sein?

Rajchowski: Ich denke, in zehn Jahren erwarten uns in der Stadt viele kleine Dinge, die uns den Alltag erleichtern. Wenn ich mich etwa per Carsharing in einer Stadt bewege, dann werde ich mein Auto irgendwo abstellen können und es zieht sich dort ganz automatisch ein Parkticket. Anderswo, wo die Feinstaubbelastung gerade zu hoch ist, werde ich es vielleicht gar nicht erst parken können. Und wenn ich mich dann in ein Café setze, kann ich mir meinen neuen Führerschein bequem per Videoauthentifizierung am Smartphone bestellen. Heißt: In der Stadt der Zukunft werden viele Dinge einfacher funktionieren als heute – und zwar basierend auf einer Verschmelzung von Prozessen.

Herr Rajchowski, vielen Dank für das Gespräch!

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